Gedicht der Woche

Hexentrio

Beitrag von Hexentrio » 01 Jul 2006, 13:52

Hallo Holli,
wenn man es laut liest, versteht man auch als alter Bayer (oder besser Franke) was.

Euer Platt erinnert mich an den Film mit Brad Pitt als "Joe Black". Da hat er mal als Tod mit einer Frau gesprochen, das klang so aehnlich ...

Sonne

Plattdeutsch

Beitrag von Sonne » 01 Jul 2006, 14:18

Plattdeutsch

Nach dem Rueckgang des Lateinischen war Plattdeutsch bzw. Niederdeutsch vom 14. Jh. an in Norddeutschland Amtssprache. Ab dem 16. Jh. nahmen der Adel und das Buergertum das Hochdeutsche an; Plattdeutsch blieb die Umgangssprache der einfachen Menschen. Heute dient Plattdeutsch als Sammelbegriff fuer die verschiedenen, in Norddeutschland gesprochenen Dialekte, wobei das Mecklenburger und das vorpommersche Platt kaum Unterschiede aufweisen. Junge Menschen haben oft Probleme, Plattdeutsch zu sprechen, die Aelteren an der Ostseekueste von Mecklenburg-Vorpommern verwenden es dagegen noch haeufig. Binnenlaendern faellt es meist schwer, den Inhalt eines in Plattdeutsch gefuehrten Gespraechs vollstaendig zu verstehen. Aber nur Doeoesbaddel (Dummkoepfe) lernen nicht schnell, dass kieken gucken heisst, kloenen sich unterhalten, n' luetten heben einen Schnaps trinken und dass man hinterher antuetert (angeheitert) sein kann.

Sonne

plattdeutsches Lied

Beitrag von Sonne » 01 Jul 2006, 14:27

... das wohl Bekannteste !!!!

Uns Pastor sien Kau
Dieses alte Volkslied ist eigentlich ein Spottlied auf die Situation der einfachen Geistlichen im 19. Jahrhundert, bevor durch die Konkordate und die Einfuehrung der Kirchensteuer das Einkommen der Pastoere (Pfarrer) gesichert war. Das Lied entwickelte allerdings schnell ein Eigenleben, es existiert in unzaehligen Versionen und Varianten in ganz Norddeutschland.

Nach jeder Strophe kommt folgender Refrain:
Jou, sing man tau, sing man tau, van Herrn Pastor sien Kau, jau, jau,
sing man tau, sing man tau, van Herrn Pastor sien Kau!
Ja, sing nur weiter ueber Herrn Pfarrers Kuh.

1. Kennt Gi all dat neie Laeid, neie Laeid, neie Laeid,
dat de ganze Stadt all waeit (dat dat ganze Doerp all waeit), (wat se bie us int Dorp vertellt)
van Herrn Pastor sien Kau?
Kennen Sie schon das neue Lied,
das die ganze Stadt (das ganze Dorf) schon kennt, (was sie bei uns im Dorf erzaehlen)
von des Herrn Pastors Kuh?


2. Ostern woer saei dick un drall, dick un drall, dick un drall,
Pingsten leech saei doot in'n Stall,
Uns Herrn Pastor sien Kau.
Ostern war sie dick und drall,
Pfingsten lag sie tot im Stall,
unseres Herrn Pastors Kuh.


3.As saei wer in Stuecken schneen, Stuecken schneen, Stuecken schneen,
heff dat ganze Doerp wat kreegn,
van Herrn Pastor sien Kau.
Als sie in Stuecke geschnitten wurde,
hat das ganze Dorf etwas bekommen,
von der Kuh des Herrn Pastor.


4. Jochen Schleif, de Droomsuldååt, Droomsuldååt, Droomsuldååt,
kreech 'n Pott vull Muulsalååt
van Herrn Pastor sien Kau
Jochen Schleif, der Traumsoldat,
bekam einen Topf voll Maulsalat
von Herrn Pastors Kuh.


5. Un de Koester Duennelang, Duennelang, Duennelang
kreech den Steert aes Glockenstrang
van Herrn Pastor sien Kau.
Und der Kuester Duennelang
bekam den Schwanz als Glockernstrang
von Herrn Pastors Kuh.


6. Un de olde Stadtkapell, Stadtkapell, Stadtkapell
kreech 'n neiet Trummelfell
van Herrn Pastor sien Kau.
Und die alte Stadtkapelle
bekam ein neues Trommelfell
von Herrn Pastors Kuh.


7. Un de olde Inglischmiss, Inglischmiss, Inglischmiss
kreech 'n neiet Tendgebiss
van Herrn Pastor sin Kau.
Und die alte englische Miss
bekam ein neues Zahngebiss
von Herrn Pastors Kuh.


8. Un de dicke Gastwert Bilch, Gastwert Bilch, Gastwert Bilch,
schreef dor up sien Weerthusschild:
»Tau Herrn Pastor sien Kau«
Und der dicke Gastwirt Bilch
schrieb da auf sein Wirtshausschild:
»Zur Pastorenkuh«


9. Un wor se ehren Lief haar sitten, Lief haar sitten, Lief haar sitten,
noehm de Schnieder taun meeten,
van Herrn Pastor sien Kau.
Und wo sie ihren Leib sitzen hatte,
nahm der Schneider sich zum abmessen
von Herrn Pastors Kuh.


10. Schleswig-Holstein meerumschlungen, meerumschlungen, meerumschlungen
hannelt nu mit Ossentungen
van Herrn Pastor sien Kau.
Schleswig-Holstein meerumschlungen
handelt nun mit Ochsenzungen
von Herrn Pastors Kuh.


... es gibt noch viele Strophen !!!!

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Prana
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Im Nebel

Beitrag von Prana » 26 Jul 2006, 22:15

Bin mal wieder auf ein Gedicht gestossen, zwar nicht ganz so passend zur Jahreszeit, aber ich finde es so schoen, dass ich es immer wieder lesen koennte:


Es ist von Hermann Hesse geschrieben, der 1877 in Calw (Wuertt.) geboren wurde und 1962 in Montagnola starb.




Im Nebel


Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den andern,
jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
als noch mein Leben licht war.
Nun, da der Nebel faellt,
ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
der nicht das Dunkel kennt,
das unentrinnbar und leise
von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamkeit.
Kein Mensch kennt den andern,
jeder ist allein


Reader

Chris
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Beitrag von Chris » 26 Jul 2006, 23:08

Sehr schoen... laedt zum Nachdenken ein..... ich habs mir kopiert.
Danke Holli

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Der Einsame - Gedicht der Woch

Beitrag von Prana » 01 Aug 2006, 21:57

[navy]Ein Gedicht zum Nachdenken und Schmunzeln diesmal von Wilhelm Busch.
1832 – 1908, geb. in Wiedensahl (Hannover), Dichter, Zeichner und Philosoph, er kritisiert schonungslos die buergerliche Enge, in seiner Grundhaltung pessimistisch, schildert er mit volkstuemlichem Humor die Unvollkommenheit der Welt.[/navy]


Der Einsame

Wer einsam ist, der hat es gut,
weil keiner da, der ihm was tut.

Ihn stoert in seinem Lustrevier
kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,

und niemand gibt ihm weise Lehren,
die gut gemeint und boes zu hoeren.

Der Welt entronnen, geht er still
in Filzpantoffeln, wann er will.

Sogar im Schlafrock wandelt er
bequem den ganzen Tag umher.

Er kennt kein weibliches Verbot,
drum raucht und dampft er wie ein Schlot.

Geschuetzt vor fremden Spaeherblicken,
kann er sich selbst die Hose flicken.

Liebt er Musik, so darf er floeten,
um angenehm die Zeit zu toeten

und laut und kraeftig darf er prusten,
und ohne Ruecksicht darf er husten,

und allgemach vergisst man seiner,
nur allerhoechstens fragt mal einer:

"Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
ich dachte laengst, er waere tot!"

Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
laesst sich das Glueck nicht schoener malen.

Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

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Beitrag von Prana » 17 Okt 2006, 19:09

Mal etwas Lyrisches von Brigitte Weninger, habe ich diese Tage in der "Bild der Frau" entdeckt und fand es sehr schoen.....



Der kleine Seestern


In der Nacht gab es einen heftigen Sturm.
Nun hat die Ebbe eingesetzt.
Das zurueckweichende Wasser
hinterlaesst tausende kleiner Seesterne.
Hilflos winden sie sich im heissen Sand
und versuchen vergeblich,
ins rettende Meer zurueck zu kriechen.
Ein Festessen fuer die Moewen.

Ein Kind laeuft am Strand entlang.
Es sammelt Seestern um Seestern in sein Sandeimerchen
und watet dann bauchtief ins Wasser,
um die kleinen Tiere freizulassen.
Wieder und wieder...
Das Kind ist ganz vertieft in seine Arbeit.
Es weiss, dass es sich beeilen muss.

Ein Erwachsener sieht ihm eine Weile
kopfschuettelnd zu und meint dann:
"Hoer doch auf mit diesem Unsinn.
Du schaffst das nie!
Es liegen viel zu viele Seesterne hier im Sand.
Da macht es keinen Unterschied,
ob du ein paar davon zurueckbringst oder nicht."

Das Kind hebt erneut einen kleinen Seestern auf,
haelt ihn kurz in der Hand
und laesst ihn dann behutsam ins Wasser gleiten.
"Doch", sagt das Kind. "Fuer diesen Stern
macht es einen Unterschied."

Seesternchen

Beitrag von Seesternchen » 17 Okt 2006, 19:29

das ist super schoen Holli :)

heffalump01

Beitrag von heffalump01 » 17 Okt 2006, 19:38

Schoen! Hab es mir kopiert und werd es bestimmt demnaechst mal nutzen.
Danke

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jemand Lust auf ein Gedicht?

Beitrag von Prana » 10 Jan 2007, 15:19

Fuer die Freunde der Literatur mal wieder nach langer Zeit ein Gedicht, diesmal von Franz Werfel, der 1890 in Prag geboren wurde.



[navy]Elternlied von Franz Werfel[/navy]




Kinder laufen fort.
Lang her kanns noch gar nicht sein,
Kamen sie zur Tuer herein,
Sassen zwistiglich vereint
Alle um den Tisch.

Kinder laufen fort.
Und es ist schon lange her.
Schlechtes Zeugnis kommt nicht mehr.
Stunden Aergers, Stunden schwer:
Scharlach, Diphtherie!

Kinder laufen fort.
Soehne hangen Weibern an.
Toechter haben ihren Mann.
Briefe kommen, dann und wann
Nur auf einen Sprung.

Kinder laufen fort.
Etwas nehmen sie doch mit.
Wir sind aermer, sie sind quitt,
Und die Uhr geht Schritt fuer Schritt
Um den leeren Tisch.

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